Der 110.000-Kilometer-Fresser

Selfie mit Handy: Christian Lankers an der Golden Bridge nahe der vietnamesischen Stadt Da Nang.

Auf Du und Du in Kathmandu.

Mahlzeit in Peru: Cuy Frito.

Selfie mit Handy: Christian Lankers an der Golden Bridge nahe der vietnamesischen Stadt Da Nang.

Auf Du und Du in Kathmandu.

Mahlzeit in Peru: Cuy Frito.

Von Christoph Motog

 

Lippstadt - Entspannt um den Globus gondeln – und auf halber Strecke mal eben einen Job für die Zeit danach klarmachen: Für Christian Lankers, der Ende Oktober 2022 in die weite Welt aufgebrochen war, hätten die ersten Monate seines Trips kaum besser verlaufen können. Wenn einer aber eine Reise tut, dann kann er auch was Schlechtes erleben. So lautet ein ungeschriebenes Gesetz, dem sich auch der Lippstädter beugen musste: Als er im Februar 2023 eine Winternacht in der mongolischen Steppe verbrachte und in einer überheizten Jurte schweißgebadet schlummerte, ging irgendwann der Ofen aus. Sein Zelt verwandelte sich in Minutenschnelle zur Tiefkühlkammer. Die Erkältung folgte auf dem Fuße und entwickelte sich so heftig, dass kurzzeitig das Ende der Weltreise drohte.

 

Kurz vor seinem mongolischen Missgeschick war Christian nach Kambodscha gereist. Dort traf er einen Kumpel, der für einen asiatischen Baumaschinenhersteller arbeitet und grade unweit der Tempelstadt Angkor Wat einen Lehrgang absolvierte. Der Kumpel überraschte Christian mit einer Telefonnummer. „Ruf dort mal an, die haben deinen Traumjob!“ Der gelernte Kfz-Meister tat wie ihm befohlen – und war nach ein paar Telefonaten Feuer und Flamme: Das Jobprofil entsprach sowohl Christians Fähigkeiten als auch seinen Wünschen. Bald darauf schrieb er in einem Hotel in der Hauptstadt Phnom Penh eine Bewerbung auf Englisch, die er guten Mutes abschickte.

Auf der roten Meile

Phnom Penh selbst bleibt ihm indes als stressige Station in Erinnerung. Bei der Buchung seiner Unterkunft hatte er nicht genau hingeschaut. Am Hotel angekommen, stellte er fest: Es liegt mitten auf der roten Meile. „Du konntest abends keine zehn Meter gehen, ohne von dutzenden leichtbekleideten Frauen angequatscht zu werden.“ Obendrein ging es furchtbar laut zu. „Schlaf war im Hotel nur unter Alkoholeinfluss möglich.“ Christian hielt das nur wenige Tage aus; er reiste nach Vietnam weiter. In Ho-Chi-Minh-Stadt wurde ihm jedoch schlagartig klar: „Ich bin vom Regen in die Traufe gekommen.“ Die Neun-Millionen-Metropole kam noch gigantischer und unangenehmer daher als Phnom Penh. „Ich konnte mich nirgends hinsetzen, ohne dass in kürzester Zeit Leute auftauchten, die mir was verkaufen wollten.“

 

Eigentlich sollte Ho-Chi-Minh-Stadt als Ausgangspunkt dienen, um Vietnam per Bus und Tuk-Tuk zu durchqueren. Diesen Plan warf er jedoch kurzerhand um. „Zu zeitraubend.“ Stattdessen fuhr er zum Flughafen und reiste für 30 Euro in die Küstenmetropole Da Nang. Nachdem er seitens des Baumaschinenherstellers eine positive Reaktion auf seine Bewerbung bekommen hatte, buchte er hier ein gehobeneres Hotel mit exzellentem Wlan: Galt es doch nun, ein Online-Bewerbungsgespräch zu führen. Dafür stellte ihm die Rezeption netterweise einen Laptop zur Verfügung. Dumm nur, dass jener Laptop mit einer vietnamesischen Tastatur bestückt war, worauf Christian das entscheidende Gespräch lieber doch mit seinem Smartphone führte – und zwar mit Erfolg. Knapp zweieinhalb Monate später, keine sieben Tage nach seiner Rückankunft in Deutschland, trat Christian am 8. Mai 2023 den neuen Job an, bei dem er nun Lehrgänge leitet und viel rumkommt – mal geht es nach Tschechien oder Österreich, mal nach Frankreich.

Zwischen Huhn und Hase

Insgesamt hat Christian auf seiner Weltreise 18 Länder besucht, sein Weg führte durch Südamerika, Neuseeland, Australien, Südostasien und Nordamerika. Das Besichtigen weltberühmter Sehenswürdigkeiten wie der peruanischen Ruinenstadt Machu Picchu ist das eine. Noch mehr ins Gedächtnis brennen sich aber manche beiläufigen Reiseerlebnisse, die als skurril empfunden werden. Als Christian in der Andenstadt Cusco essen ging, konnte er nicht an sich halten und bestellte ein traditionelles peruanisches Fleischgericht: Cuy Frito; zu Deutsch: frittiertes Meerschweinchen. „Das gehörte zu den ungewöhnlichsten Speisen, die ich je gegessen habe. Sehr fettig und kaum Fleisch dran, nur ganz dünn auf den Rippen.“ Der Geschmack liegt irgendwo zwischen Huhn und Hase. Die Peruaner stehen drauf, 60 Millionen Meerschweinchen wandern Jahr für Jahr ihre Kochtöpfe.

 

Im Laufe seiner Weltreise hat Christian 37 Flüge hinter sich gebracht. In fast allen Fällen gelang es ihm, zu einem akzeptablen Preis zu buchen. Ausreißer nach oben war Anfang Dezember 2022 das Ticket von Santiago de Chile nach Neuseeland. „Das war der teuerste Flug meines Lebens. Die Preise lagen bei fast zweieinhalbtausend Euro. Erst nach tagelanger Recherche fand ich endlich einen halbwegs günstigeren Flug – für 1200 Euro.“

128 Stunden im Flieger

Insgesamt hat Christian 128 Stunden im Flieger gesessen und dabei 85.568 Kilometer zurückgelegt. Hinzu kommen viele tausend weitere Meilen per Mietwagen, Motorrad, Bus und Bahn, so dass Christian in einem halben Jahr 109.861 Kilometer gefressen hat. Die Weltreise war ihm ein Fest. Wobei: 18 Länder in sechs Monaten, das bedeutete schon eine enorme Schlagzahl. Wenn es eines Tages wieder auf große Fahrt geht, „mache ich nur zwei Monate und bereise maximal zwei Länder“.