Zweifach verschalt

Die Lippstädter Behörden haben die Verschalungen an dem Gebäude abgesegnet und als denkmalschutzkonform eingestuft. Und das mag durchaus rechtens sein. Ob diese Verschalungen aber noch mit Denkmalschutz im ursprünglichen Wortsinn vereinbar sind, ist eine andere Frage. Foto: Motog

Die Lippstädter Behörden haben die Verschalungen an dem Gebäude abgesegnet und als denkmalschutzkonform eingestuft. Und das mag durchaus rechtens sein. Ob diese Verschalungen aber noch mit Denkmalschutz im ursprünglichen Wortsinn vereinbar sind, ist eine andere Frage. Foto: Motog

Von Christoph Motog

  

Lippstadt - Mit seinem Fachwerk und dem wohlproportionierten Dielentor findet sich an der Fleischhauerstraße 29 der Urtyp des Lippstädter Ackerbürgerhauses. Es ist das Stammhaus der Familie Buddeberg, die hier, Generation um Generation, über Jahrhunderte Hof hielt. „Hof hielt“ ist im landwirtschaftlichen Sinne zu verstehen, führten die Buddebergs hier doch noch bis in die frühen 1970er Jahre ihren Bauernhof (inklusive Viehhaltung), bis der Umzug in den äußersten Lippstädter Süden erfolgte. Das Ackerbürgerhaus blieb in Familienhand, bis es von einem Investor aufgekauft und in den vergangenen beiden Jahren von Grund auf saniert und umgebaut wurde. Zehn moderne Senioren-Wohnungen sind entstanden. 

 

Unter Denkmalschutz 

 

Bleibt die Frage, inwieweit bei der Sanierung die Bauhistorie angemessen berücksichtigt worden ist. Das Gebäude steht seit Langem unter Denkmalschutz (in der Liste der Baudenkmäler in Lippstadt findet es sich unter der alternativen Adresse Cappelstraße 31). Ist der Denkmalwert des Objekts bewahrt worden? Ist Substanz, Charakter und Erscheinungsbild mit Respekt behandelt worden? Nicht vergessen werden darf, dass Denkmalschutz heute auch wirtschaftliche Interessen sowie moderne Brandschutz- und Energiespar-Erfordernisse berücksichtigen muss. Am Ende kommt oft ein Kompromiss heraus, der im günstigsten Fall allen Belangen gerecht wird, im ungünstigeren Fällen aber architektonische Stilbrüche mit sich bringt, die alte Idyllen optisch abwerten.

 

Der Gesamteindruck, den das Gebäude an der Ecke Fleischhauerstraße nach vollendeter Renovierung macht, fällt auf den ersten Blick positiv aus. An der Westseite (zur Cappelstraße hin) wurde mit dem Anbringen von Schieferplatten der historische Zustand berücksichtigt. Das große hölzerne Deelentor an der Südseite wurde zwar durch ein gläsernes ersetzt, doch das Resultat ist gefällig. Über die an der Nordseite angebrachten modernen Balkons lässt sich schon eher streiten. Sehen sie wertig aus? Passen sie zu dem Gebäude? Die Frage mag jeder für sich selbst beantworten. Auf Blicker-Nachfrage teilte die zuständige Behörde der Stadt Lippstadt vergangenen Herbst mit, dass die Balkone im Einklang mit den Denkmalschutzbelangen stehen.

 

 Ansehnlich oder nicht?

 

Auch die beiden mehrere Meter breiten und etagenhohen Verschalungen an der Front zur Fleischhauerstraße, die offenbar aus Energiespargründen angebracht wurden, gehen aus Sicht der Lippstädter Verwaltung mit dem Denkmalschutz konform. An dieser Stelle darf allerdings die Frage gestellt werden, ob die Verschalungen das Gebäude ästhetisch abwerten. Bei einer kleinen, nicht repräsentativen Blicker-Umfrage unter Bewohnern des Viertels überwog die Skepsis. Im Zeitalter des bedrohlichen Klimawandels muss Denkmalschutz auch Energiespar-Erfordernisse berücksichtigen, keine Frage. Aber sind die beiden, das Fachwerk auf breiter Front verbergenden Verschalungen wirklich ansehnlich? Die Denkmalschützer haben die Verschalungen abgesegnet, und das mag durchaus rechtens sein. Ob diese Verschalungen aber noch mit Denkmalschutz im ursprünglichen Wortsinn vereinbar sind, ist eine andere Frage.