Von Christoph Motog
Lippstadt - Die unbekannte Schöne war beharrlich, sie tauchte immer wieder mit Musikwünschen am Pult auf. Weil DJs so was oft erleben, machte sich Seko keinen Kopf darüber. Es war vor über 15 Jahren; der Lippstädter legte auf der Modemessen-Aftershowparty im Berliner Tempodrom auf. Am Ende der Nacht ging die Frau mit den vielen Wünschen nochmal auf Seko zu und bedankte sich für seine Arbeit: „Hey, das hast du richtig gut gemacht!“ Im nächsten Moment eilte ein Kumpel herbei, der fassungslos schien: „Was wollte DIE denn von dir?“ Nun erst erfuhr der DJ, dass er es gerade mit einem weltweit bekannten Model zu tun gehabt hatte: Eva Padberg.
Seko alias Serkan hat an den Turntables viel erlebt, legt er doch schon seit fast 20 Jahren auf. Die Ursprünge liegen in seiner Grundschulzeit in Soest. Über seinen älteren Cousin lernte er den Rap kennen. „Ich war fasziniert, in seinem Zimmer hingen Plakate von Public Enemy, LL Cool J oder den Beastie Boys.“
Ebenso wie für die Musik interessierte sich Serkan fortan für Graffiti und Breakdance – und übte sich darin. Der gesamte Hiphop-Kosmos flashte ihn. Bald fing er an, sich Rap-Platten zu kaufen. Anfangs noch ein bisschen auf Verdacht – entweder hatte er den Namen der Künstler schon mal gehört oder das Cover sprach ihn an. „Wenn da ein cooler Typ mit Bandana oder Goldkette war, dachte ich, das muss schon cool sein.“ Ein paar Fehlkäufe musste er da in Kauf nehmen, aber nach und nach fand er zu seinem Geschmack.
Mit 16 Jahren legte er sich einen zweiten Plattenspieler und ein Mischpult zu, spätestens jetzt war der Weg zum DJ vorgezeichnet. Sein Debüt feierte er 2001 im Soester Nachtwerk (später Sonic) – „anfangs gab‘s kein Geld dafür, aber es war cool“. Bald wurde er auch für Clubs in Dortmund, Hamm oder Arnsberg gebucht. Am liebsten denkt er an die Nächte im Soester Tao zurück – „das war sehr prägend“.
Inzwischen ist Serkan fast 20 Jahre als DJ aktiv. Er ist Resident verschiedener Reihen wie der „Black Candy“ im Kraftwerk Relax bei Wickede. In Lippstadt kennen ihn viele von den „Kitchen Klapp“-Nächten im Café Einstein. Auch im kürzlich abgerissenen Don veranstaltete der 37-Jährige regelmäßig eigene Partys, allen voran die „Hype“. „Das war meine Lieblingsreihe.“ Serkan holte international gefragte DJs wie den mehrfachen Weltmeister Rafik aus Düsseldorf oder den Frankfurter Ray-D in die Bahnhofstraße. „Es war alles weit über meinem Budget – aber es ging mir um Leidenschaft. Ich war nicht nur Veranstalter, sondern auch Fan, der auf jeder einzelnen Party etwas Besonderes bieten wollte.“ Die Resonanz auf seine „Hype“ war krass, die Nachtschwärmer reisten aus allen Richtungen an.
Inzwischen heißt sein Herzensprojekt „All about Pharrell“. Damit hat er im Bielefelder Stereo eine Idee umgesetzt, die einzigartig sein dürfte: Es dreht sich alles um Material von Pharrell Williams („Happy“). Der überaus erfolgreiche Rapper hat im Laufe seiner Karriere zig Titel für andere Musiker produziert, so dass sich mühelos Partynächte um Partynächte ausschließlich mit seinen Songs gestalten lassen.
Eine Party ist gelungen, „wenn du den Vibe spürst, wenn die Stimmung von Anfang bis Ende gut ist. Man muss als DJ ein Gespür dafür haben, welche Tracks gerade bei den Leuten funktionieren.“ Seko gehört nicht zu denen, die nur ihr eigenes Ding durchziehen. Was ihn motiviert, ist eine volle Tanzfläche. Dafür schöpft er die ganze stilistische Bandbreite des Hiphop-Genres aus. Für alles ist er allerdings nicht zu haben, er bleibt ein Szene-DJ. „Ich würde nie auf einer Hochzeit auflegen, wo auch ältere Verwandte mitfeiern. Weil ich dort nicht alle Geschmäcker bedienen könnte, würde ich mich unwohl fühlen. Ich möchte ja, dass die Leute zufrieden sind.“
Dank des technologischen Fortschritts muss ein DJ heute keine Plattenkisten mit sich rumschleppen. Ein großer Vinylsammler ist Seko dennoch bis heute geblieben. Es dürften mittlerweile fast 5000 Exemplare in seinem Besitz sein, darunter auch Erstpressungen und Raritäten. „Aber das ist für einen DJ normal.“
Hauptberuflich ist Serkan als Physiotherapeut aktiv – ebenfalls schon viele Jahre und gern. Das Auflegen am Wochenende ist für ihn gleichzeitig Ausgleich und Leidenschaft. „Ich bin jetzt 37, aber das wird sich auch mit 67 nicht ändern.“ Und: Die Begeisterung für die Hiphop-Kultur hat sich auf seinen Sohn übertragen. Der 11-Jährige interessiert sich ebenso für Rap und Graffiti-Kunst wie der Vater.
Neuerdings geht Serkan noch in einer weiteren Funktion seiner Leidenschaft nach: Für den in Kürze an den Start gehenden Youtube-Kanal „Urban Styles TV“ interviewt er DJs, Rapper, Graffiti-Künstler und Breakdancer.
Bis man ihn wieder auf Partys erleben kann, wird coronabedingt noch Zeit vergehen. In der Zwischenzeit wird Serkan aber in diversen Samstagnächten streamen (meist ab 21 Uhr). Sein Kanal findet sich unter der Adresse „www.twitch.tv/djseko“.