Von Christoph Motog
Lippstadt - Eine völlig auf sich allein gestellte junge Frau schlägt sich durch eine karge und subtil bedrohliche Endzeitwelt. Es sind ebenso verstörende wie faszinierende Bilder, die von treibenden Trance-Rhythmen und Mutmachendem Gesang begleitet werden: „I tell you an uncovered truth: This world between my worlds is a reassuring piece of our truth and reality! It is calming me down! It is lifting me up! This is my life! This is my faith! This is Trance!“
Der bei Youtube veröffentlichte Clip verschlug Niklas Hupfeld vor einem Jahr die Sprache: Handelt es sich doch um ein von einem Fan aus Russland erstelltes Video zu einem Song, den er kurz zuvor beim Label Pegasus Music veröffentlicht hatte: „This is Trance“ heißt der von ihm komponierte Track, der alles mitbringt, was euphorisierende Trance-Musik ausmacht: tanzbarer Rhythmus, hymnenhafte Melodie und ekstatischer Breakdown. Dazu ertönt die starke Stimme von Carolin Dreismann, mit der Niklas unterm Namen The Nightglow noch mehr veröffentlicht hat.
Seine Vorliebe für Trance begann schon vor rund 20 Jahren. Als gerade mal 12-Jähriger kaufte er sich seine erste „Future Trance“-Kompilation. „Trance ist eine Sparte, die von unfassbarem Kitsch lebt“, verhehlt Niklas nicht – „aber die hier zu findende Romantik war immer etwas, was mich total angesprochen hat.“ Und der Jugendliche konsumierte diese Musik nicht nur gerne, er wollte es genauer wissen: Welche Spielarten von Trance gibt es? Und wie wäre es wohl, so eine Musik selbst zu produzieren?
Inspiration gab es um die Jahrtausendwende zuhauf, war es doch die Zeit der großen Trance-Hymnen, die enorme Resonanz fanden – man denke nur an die Veröffentlichungen von Cosmic Gate oder Paul van Dyk. Bis Niklas sich selbst ans Komponieren und Produzieren machte, sollten aber noch rund fünf Jahre vergehen. Es war um 2005 herum und damit ausgerechnet in einer Phase, in der Trance mehr und mehr an Popularität verlor und von anderen Spielarten elektronischer Musik in den Hintergrund gedrängt wurde. Trance stockte in seiner Entwicklung, war zu jener Zeit rückwärtsgerichtet auf die alten Hymnen.
Dieser Stillstand bedeutete aber auch die Chance, etwas Neues zu entwickeln. Niklas kaufte sich seine erste DAW (Digital Audio Workstation): Damit war er in der Lage, aufzunehmen, zu produzieren, abzumischen und zu mastern. Er brachte sich das Handwerkszeug bei und entwickelte eine eigene Methode zum Komponieren.
2011 ging er mit seinem Trance-Projekt The Nightglow an den Start. „Anthem 4 a girl“ hieß der erste Track, mit dem der Lippstädter an die Öffentlichkeit ging. Im Laufe der Zeit fand Niklas auch Gleichgesinnte, mit denen er sich austauschen konnte. Immer wieder neue Einflüsse sorgten nun dafür, dass Trance wieder Aufwind bekam. Hinzu kam die rasante Weiterentwicklung der DAW-Technik, die ein wärmeres, höher aufgelöstes Klangerlebnis ermöglichte. Für Niklas als Komponist und Produzent war es eine Herausforderung, mit dieser rasanten Entwicklung Schritt zu halten.
Angesichts der vielen unterschiedlichen Einflüsse, die Trance in den vergangenen Jahren bereichert haben, sind die Grenzen zu anderen Genres oft fließend. Und doch ist Trance immer noch Trance: von der starken Stellung der Harmonie und Melodien bis zu den epischen, sich langsam aufbauenden Breaks.
In jüngster Zeit hat Niklas viel Resonanz bekommen. 2018 wurde das italienische Label Pegasus Records auf seinen bei Soundcloud veröffentlichten Song „Luna“ aufmerksam: Ob er nicht Lust hätte, den Track bei ihnen zu veröffentlichen? Niklas nutzte die Chance – und die Resonanz war immens. Vor allem aus Polen, Russland, Tschechien, Kroatien und Asien gab es zig Rückmeldungen von Trance-Fans. Anzumerken ist: Geld verdienen kann man bei einem Label wie Pegasus Records nicht. Dafür bekommt man aber jede Menge Reichweite und Anerkennung, weil die Musik ja über viele Multiplikatoren verteilt wird.
Der nächste Schritt kam im Sommer 2020 mit dem Track „Saving you“ (mit einem religiösen Text, der abermals von Carolin Dreismann eingesungen wurde). Niklas hatte den Song an mehrere Labels geschickt – und Redux Recordings griff schließlich zu: „Wir würden es gerne releasen, schick uns doch bitte das Rohmaterial.“ Dank Redux Recordings sind Niklas’ Veröffentlichungen jetzt auch über Kanäle wie Spotify und iTunes verfügbar. Die Reise geht weiter: Ende des Jahres veröffentlicht der Lippstädter einen Song bei Starsphere Records, einem jungen Label in den USA. To be continued.