Lippstadt - Das hätten sich die Lippstädter Holzschweine nicht träumen lassen, als sie 1986 die Fußgängerzone in Besitz nahmen: Ihre Fangemeinde beschränkte sich schon bald nicht nur auf Einheimische. Ungezählte Stadtbesucher haben die Drei im Laufe der Jahrzehnte ins Herz geschlossen. Kein Wunder also, dass eine ihrer größten Verehrerinnen knapp 7000 Kilometer westlich der Langen Straße zu Hause ist – Aeralyn Rudnick lebt in Chicago. Im Interview mit dem Blicker erzählt die junge Amerikanerin, wie sie jenseits des großen Teichs auf den Schweinchen-Express aufmerksam wurde, auf welche Weise sie das Trio zu akademischen Ehren gebracht hat, und warum sie bald nach Lippstadt zieht.
2024 warst du erstmals in Lippstadt. Hast du da die Holzschweine sofort in dein Herz geschlossen?
Ich habe mich definitiv sofort in die Holzschweine verliebt – sogar schon bevor ich sie in echt gesehen habe! Ich entdeckte sie in einem Social-Media-Post, als ich meine Reise nach Lippstadt plante – und während meines Besuchs haben wir mehrere Streifzüge durch die City gemacht, um sie zu finden. Zu Weihnachten brachte ich dann meiner ganzen Familie Souvenirs mit den Holzschweinen mit – wobei einige davon so süß waren, dass ich sie am Ende selbst behalten habe!
In nicht allzu langer Zeit wirst du erneut nach Lippstadt kommen. Wie lange wirst du diesmal bleiben?
Ich ziehe dauerhaft nach Lippstadt, um bei meinem Verlobten zu sein, der bereits dort lebt. Wir haben uns vor ein paar Jahren online kennengelernt, als er im Internet meine Kunst entdeckte und mich beauftragte, ein paar Illustrationen für ihn anzufertigen. Wir verstanden uns so gut, dass wir kurz darauf eine Beziehung begannen – und als ich ihn letztes Jahr in Deutschland besuchte, haben wir uns verlobt. Unsere offizielle Hochzeit wird im Oktober dieses Jahres stattfinden! Die Entscheidung, dorthin zu ziehen, fiel mir leicht – Chicago ist eine wunderschöne Stadt, aber Lippstadt fühlt sich für mich wie ein echtes Zuhause an. Außerdem gibt es in Chicago keine Holzschweine, die man hinter sich herziehen kann! Mein Verlobter schickt mir jedes Mal Bilder, wenn er die Drei auf der Langen Straße entdeckt.
Zur Vorbereitung deines Umzugs nach Deutschland belegst du einen Sprachkurs an der Universität. Dabei hast du jetzt auch eine 17-teilige Präsentation erarbeitet, in der du die komplette Geschichte der Lippstädter Holzschweine aufrollst, in Wort und Bild. Wie kam deine Arbeit bei den anderen Teilnehmern an?
Meine Mitstudenten und vor allem meine Professorin LIEBTEN die Präsentation! Sie meinte, es war das Highlight ihres gesamten Morgens. Ihre Lieblingsfolie war das Bild der Holzschweine in „Quarantäne“ während des Schweinepest-Ausbruchs! In ihrem Feedback schrieb sie, dass sie die Richtung, für die ich mich mit der Präsentation entschieden habe, liebte – und dass ich es geschafft habe, das Seminar die ganze Zeit über zu fesseln. Nach der Vorlesung kam ein Mitstudent zu mir und sagte, dass ihm meine Präsentation wirklich gefallen hat – es sei offensichtlich, dass ich sehr viel Herzblut hineingesteckt habe. Und obwohl ich etwas über dem vorgegebenen Zeitrahmen lag, hat meine Professorin die Präsentation so sehr geliebt, dass ich die volle Punktzahl bekommen habe! Nicht nur die Holzschweine haben es dir angetan. Auf deinem Facebook-Profilbild sitzt ein exotischer Vogel auf deiner Hand. Offenbar bist du ein großer Tierfreund.
Wenn man deinen Namen googelt, stößt man auf einen Podcast, in dem es um Tiere geht: „Just the Zoo of Us“. In Folge 130 wirst du ausführlich interviewt und erzählst von deinen Aktivitäten in einer „Animal Training School“. Was hat es damit auf sich?
Ich wollte mein ganzes Leben lang Tierpflegerin werden. Das Rothauben-Turakoweibchen auf meinem Profilbild heißt Zeta – und genau wie mit den Holzschweinen war es bei ihr Liebe auf den ersten Blick, als ich sie an meinem ersten Ausbildungstag am Moorpark College in Kalifornien gesehen habe. Die von mir dort absolvierte „Exotic Animal Training & Management (EATM)“-Fachrichtung ist eines von lediglich zwei solcher Ausbildungsprogramme in den USA, in denen angehende Zoowärter praktische Erfahrung sammeln können – und es ist das einzige College mit einem speziellen Fokus auf Tiertraining. Die Absolventen arbeiten später in Zoos und Aquarien auf der ganzen Welt, deshalb ist die Zulassung am College heiß begehrt, es gibt stets viel mehr Bewerber als Plätze. Ich hatte das Glück, 2018 als eine von nur 52 Studierenden aufgenommen zu werden. Das zweijährige Programm ähnelt einer Ausbildung in Deutschland.
Bringst du ein Tier mit nach Lippstadt?
Ich nehme meine Katze Persephone mit, obwohl ich ihr nach unserem Umzug von Los Angeles nach Chicago 2022 versprochen hatte, dass sie nie wieder fliegen muss. „Purrpurr“, wie wir sie nennen, wird bald zehn Jahre alt; und dank meiner Erfahrung im Tiertraining beherrscht sie über 30 verschiedene Tricks! Sie kann winken, Pfötchen geben, sich im Kreis drehen, durch Hindernisse laufen oder sich selbst für den Tierarzt wiegen.
Aeralyn bringt nicht nur ihre geliebte Katze mit nach Lippstadt. Im Gepäck haben wird sie auch Miniaturen der Lippstädter Holzschweine, die sie selbst angefertigt hat. Diese Modelle zeichnen sich durch grandiose Detailtreue aus. Wir danken Aeralyn für das Gespräch und wünschen ihr schon jetzt alles Gute für das Leben in ihrer künftigen Heimat Lippstadt.
Das Interview führte Christoph Motog